PositionenQ&A Worum es beim neuen Sanierungsverfahren geht. (25.019 SchKG)
Q&A Worum es beim neuen Sanierungsverfahren geht. (25.019 SchKG)
1. Was ist überhaupt eine Restschuldbefreiung?
Die Restschuldbefreiung ist ein rechtliches Verfahren, durch das Privatpersonen oder Selbstständige nach einer bestimmten Zeit und unter strengen Bedingungen von ihren verbleibenden Schulden befreit werden können. Sie gilt nur nach strukturierten Entschuldungen und nicht für alle Schulden (z.B. Unterhaltszahlungen oder Bussen bleiben bestehen).
2. Bedeutet das nicht, dass Schuldner einfach «davonkommen»?
Nein. Eine Restschuldbefreiung wird nicht geschenkt.
– Der Schuldner muss während einer gesetzlich festgelegten Zeit alles Zumutbare tun, um Schulden abzubauen.
– Es gibt eine strenge Offenlegungspflicht aller Vermögenswerte.
– Wer Vermögen versteckt oder falsche Angaben macht, verliert den Anspruch.
3. Ist das nicht ungerecht gegenüber Gläubigern?
Das Verfahren ist ein Kompromiss zwischen Gläubigerinteressen und wirtschaftlicher Rehabilitation.
– Gläubiger erhalten während der Abtretungsfrist alles, was pfändbar ist.
– Ohne Restschuldbefreiung zahlen hochverschuldete Personen oft gar nichts mehr, weil die Schuldenlast sie in die Schattenwirtschaft drängt.
– Mit einer klaren Perspektive steigt die Motivation, legal zu arbeiten und Zahlungen zu leisten.
– Wer nicht mehr verdient als das Existenzminimum kann auch ohne Restschuldbefreiung nichts zurückzahlen.
4. Fördert das nicht leichtfertige Verschuldung?
Internationale Erfahrungen (z. B. Deutschland, Frankreich, Österreich) zeigen:
– Es gibt keinen signifikanten Anstieg leichtfertiger Verschuldung.
– Die soziale und psychologische Belastung durch das Verfahren schreckt Missbrauch ab.
– Banken und Kreditgeber passen ihre Bonitätsprüfungen an, was Überschuldung vorbeugt.
5. Wieso ist die Dauer von drei Jahren entscheidend?
Vielfältige Gründe sprechen für eine Dauer von drei Jahren:
– Die RFA zeigt: Eine dreijährige Abschöpfungsdauer hat denselben volkswirtschaftlichen Nutzen erzielt wie ein vierjähriges Verfahren – bei sechs Jahren sinkt der Nutzen stark, u. a. wegen mehr Abbrüchen und geringerem staatlichem Ertrag.
– Drei Jahre sind bewährte Praxis – etwa bei den bestehenden Nachlassverfahren. Eine längere Dauer gefährdet akut heute funktionierende Entschuldungsverfahren.
– Das Konsumkreditgesetz (KKG) legt eine Amortisation innerhalb von drei Jahren nahe – längere Laufzeiten gelten als Risikofaktor für Überschuldung.
Vertiefte Argumente findet sich hier.
6. Haben andere Länder das schon ausprobiert – und mit welchem Ergebnis?
Ja.
– Deutschland: 1999 eingeführt, mittlerweile verkürzte Verfahrensdauer auf 3 Jahre bei guter Mitwirkung.
– Österreich: 1995 eingeführt, mittlerweile Dauer auf drei Jahre verkürzt.
– Frankreich: Längere Tradition, starker Fokus auf Prävention.
– Resultat: Mehr Menschen finden zurück in reguläre Erwerbstätigkeit, und die Rückzahlungsquote während der Laufzeit ist höher als ohne Verfahren.
7. Wird die Schweiz nicht zum «Schuldenparadies»?
Nein.
– Die Schweiz würde sich mit einer Restschuldbefreiung nur internationalen Standards anpassen.
– Die Bedingungen können so gestaltet werden, dass Missbrauch kaum möglich ist.
– Wirtschaftlich aktive, entlastete Personen sind ein Gewinn für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.
8. Warum brauchen wir das überhaupt – kann man nicht einfach besser haushalten?
Individuelle Verantwortung ist wichtig, aber:
– Überschuldung entsteht oft durch unvorhersehbare Ereignisse (Krankheit, Scheidung, Jobverlust).
– Ohne geordneten Ausweg verfestigt sich Armut über Generationen.
– Restschuldbefreiung ist kein «Freibrief», sondern eine zweite Chance nach klaren Regeln.
9. Kostet das den Staat nicht viel Geld?
Die direkten Verfahrenskosten sind überschaubar und werden nur teilweise vom Staat getragen.
Indirekt spart der Staat durch:
– Weniger Sozialhilfeabhängigkeit
– Höhere Steuereinnahmen
– Weniger Schwarzarbeit
10. Wie wird Missbrauch verhindert?
– Strenge Mitwirkungspflichten
– Kontrolle durch Betreibungs- und Konkursämter
– Ausschluss bestimmter Schulden (z.B. Bussen, Unterhalt)
– Möglichkeit, die Restschuldbefreiung zu widerrufen, wenn später Betrug entdeckt wird
11. Was ist der gesellschaftliche Nutzen?
– Wirtschaftlich: Mehr Menschen können wieder produktiv am Arbeitsmarkt teilnehmen.
– Sozial: Schuldenfallen verlieren ihre lebenslange Wirkung.
– Moralisch: Chance auf Neustart nach ehrlicher Anstrengung – ohne ewig dauernde Stigmatisierung.
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